Der Tag gerät Richtung Desaster

Bei der Stadtratssitzung am 11. Februar 2021 hat Bürgermeister Florian Gallus unter dem Tagesordnungspunkt Allgemeines / Sachstandsmitteilungen bekanntgegeben, dass die stattliche Akazie am Marktplatz -„Kroneneck“ in absehbarer Zeit gefällt werden muss.
Der neue Eigentümer des vormaligen Hotels Krone hatte darum gebeten, weil der Baum Schaden am Kronengebäude anrichten würde. Bei seinen Ausführungen versprach der Bürgermeister auch, dass an gleicher Stelle ein angemessener Ersatz gepflanzt wird. Heute Morgen am 21.04.2021 war es dann soweit. Der Baum wurde gefällt und zügig abtransportiert. Offenbar just im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang, in dem Dekan Popp im Weißenburger Tagblatt den Pappenheim-Artikel “Ein Stadtbild im Wandel” las. Die Fällung des Baumes und Teile des Artikels haben Dekan Popp nicht begeistert – ja sogar erzürnt, wie aus seinem nachfolgenden Leserbrief hervorgeht, der nachfolgend ungekürzt veröffentlicht wird.

“Mein Freund, der Baum ist tot …”
Der Tag fängt schlecht an: Ein kreischendes Geräusch geht mir durch Mark und Bein noch während die Kaffeemaschine läuft. Die Tasse in der Hand laufe ich zum Fenster, das direkt hinaus geht auf den Marktplatz in Pappenheim. Ich sehe die Straße um herum von Polizei und Arbeitern gesperrt. Ein Großaufgebot an schwerem Gerät und Baufahrzeugen umstellt den noch einzigen Baum am Rand des Marktplatzes mitten im Städtchen. Es dauert nur wenige Minuten, dann fällt die alte Robinie. Fünf Minuten später ist von dem sicher über 80 Jahre alten, m.E. völlig gesunden Baum, nichts mehr da außer der Stumpf. Ein altes Lied von Alexandra fällt mir ein “Mein Freund, der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot…”

Kein Vogelgezwitscher mehr, das mich morgens von ihm wecken wird. Kein knospendes Grün nach grauem Winter. Weniger frische Luft…

Warum? Etwas verwirrt setze ich mich wieder an den Kaffeetisch und schlage den Regionalteil der Tageszeitung auf.

Der Tag geht schlecht weiter. “Ein Stadtbild im Wandel” lese ich dort auf Seite 2, es geht um Pappenheim. Zwei (Straßen)Bilder, alles andere als hübsch, grauer Asphalt und Mauern springen mir ins Auge. Weiter unten ein drittes Bild: Die Graf-Carl-Straße, das Schloss, austreibende Bäume in der Straße, ganz anders, viel freundlicher – nicht nur optisch anzusehen. Ich lese als Unterschrift “ ”Die Bäume werden entfernt, begrünt werden stattdessen die Flächen zwischen den Parkflächen.” Und weiter im Text: die Bäume machen zudem “Probleme beim Anlegen von Parkbuchten…“.

Der Tag gerät Richtung Desaster, ich kann es kaum glauben, was da steht. Der Kaffee schmeckt nicht mehr und das bereits vor 8.00 Uhr früh.

Wut steigt in mir hoch. Noch immer schockiert lege ich die Zeitung traurig weg. Da entdecke ich auf dem Papierstapel ein Werbeprospekt vom Wochenende. Schwarz-Gelb strahlt mich die Überschrift an: “Sonderangebot! Kärcher Hochdruckreiniger Power Controll Luxus – Sonderpreis…”

Der Tag ist gerettet, Gott sei Dank. Wenigstens sauber kann mein Städtchen dann sein. “Bäume machen eh nur Dreck” – Zitat eines ehrsamen Mitbürgers. Also: Zwei Mal am Tag gekärchert und die Pappenheimer Welt ist wieder in Ordnung. Wer braucht da noch Bäume? Das ist eben der Wandel.

Wolfgang Popp
Graf-Carl-Str. 1
91788 Pappenheim

Hinweis:
Leserbriefe geben immer die Meinung des Verfassers wieder. Sie sind nicht eine Stellungnahme des Pappenheimer Skribenten.